ETH Tag 2010 - «Bescheidenheit, Mut, Vertrauen (und eine Portion Stolz)»

Zürich, 20.11.2010 - Ansprache von Bundesrat Didier Burkhalter - Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Frau Rektorin
Sehr geehrte Damen und Herren Professoren, Mitarbeiter und Studenten der ETH
Sehr geehrte Damen und Herren

Ich bin heute mit Stolz an die ETH Zürich gefahren. Zuallererst bin ich stolz auf die Forschenden, die ihr Leben der Wissenschaft widmen und oft Tagein und Tagaus – auch am Wochenende – suchen, forschen, experimentieren. Forschung kennt keine Wochentage, keine Wochenenden – die Politik übrigens auch nicht. Diese Hingabe für die Forschung ist bewundernswert und erfüllt mich mit Stolz.

Ich bin Stolz, dass mich die ETH Zürich als Vertreter des Bundesrates und Vorsteher des Departements des Innern empfängt: Die ETH Zürich und ihre Schwester in Lausanne, sind die „Diamanten“ der nationalen Schatzkammer in Sachen Bildung und Forschung.

Hier sprechen zu dürfen, erfüllt mich mit Stolz auf unser Land. Denn die Schweiz hat mehr zu bieten als wunderschöne Berge und Seen, sie hat auch so strahlende Institutionen wie die ETH erschaffen.

Eine Institution mit einer 155 jährigen Geschichte, die bisher nicht weniger als 21 Nobelpreisträger hervorgebracht hat: von Willhelm Röntgen, über Albert Einstein, bis hin zu Kurt Wüthrich reichend. Die ETH Zürich hat zudem 22 Preisträger des Marcel Benoist Preises, die höchste wissenschaftliche Auszeichnung der Schweiz, in ihren Reihen.

Diese herausragenden wissenschaftlichen Leistungen erfüllen mich mit Stolz. Denn man ist auch als Bildungs- und Forschungsminister nicht jeden Tag Gast in der, gemäss internationalen Rankings, besten Universität Kontinentaleuropas! Dank der ETH Zürich ist die Schweiz ein Zentrum des Wissens in Europa.

Meine Damen und Herren,

Heute möchte ich über Werte sprechen, welche die Stärke unseres Landes, unserer Institutionen und unserer Bevölkerung ausmachen. Die ETH ist ebenfalls von solchen Grundwerten getragen. Sie ist ein Werk der Bescheidenheit, des Mutes und des Vertrauens.

Der Beginn der Geschichte der ETH stand nicht im Zeichen des Stolzes, sondern ist ein Werk der Bescheidenheit. Als der Bundesrat 1855 die Gründung des Zürcher Polytechnikums beschloss, stand der Bedarf des jungen Bundesstaates nach gut ausgebildeten Ingenieuren für den Bau der grossen Infrastrukturbauwerke im Vordergrund.

Die ETH sollte die Menschen – es waren vor allem Männer – ausbilden, die die Bahnen, die Kanäle, die Tunnel, später die Flughäfen, die Maschinen und Lokomotiven und die Strassen der sich schnell industrialisierenden Schweiz planen sollten. Es ging also um wichtige Infrastrukturen für den Staat, für die Wirtschaft, zum Wohlergehen der Gesellschaft.

Seither erfüllt die ETH diese Aufgaben erfolgreich und heute gibt es wohl kaum ein grösseres Bauwerk in der Schweiz , bei welchem nicht ein ETH-Abgänger – heute auch vermehrt Abgängerinnen – seinen Beitrag zu Entwurf oder Realisierung geleistet hätte.

Nicht zu vergessen ist hier der Tunnelbau. Die Schweiz konstruiert ja bekanntlich viele und die weltweit längsten Tunnels. Als ich vor etwa zwei Wochen in den USA weilte, wo die ETH einen exzellenten Ruf geniesst, wie ich feststellen konnte – habe ich mehrmals den neuen Gotthardbasistunnel mit seiner Gesamtlänge von beachtlichen 57 Kilometern erwähnt.

Ein Gesprächspartner hat maliziös bemerkt, dies sei doch „ boring project“. Ich habe geantwortet: „Yes, maybe boring. Infact a great deal of boring was necessary to achieve one of the century’s engineering exploits”.

Gleichzeitig hat die ETH ihre Forschungsleistung ausgebaut und mit zahlreichen Entdeckungen in der Grundlagenforschung, Innovationen und Firmengründungen nicht nur zur Ausrüstung des Landes, sondern auch zur Prosperität der Schweiz beigetragen. Die traditionellen Industriefirmen des Grossraumes Zürich – Sulzer, ABB, Rieter, aber heute auch Google oder IBM – wären ohne ETH Zürich kaum denkbar.

Die ETH Zürich steht aber nicht nur im Dienst der „Zürcher Platzhirsche“ unter den Firmen: Mit rund 200 Spin off Gründungen seit 1996 frischt sie den Wirtschaftsplatz auf.

Die Forscher an der ETH – zum Glück sind es heute auch immer mehr (aber noch nicht genug) Frauen – haben ausdauernd und während über hundert Jahren zur Prosperität der Schweiz Wesentliches beigetragen.

Die Forschenden leisten herausragende Arbeit, ohne viel Aufhebens zu machen. Diese Arbeit ist von Seriosität, Motivation, Engagement, aber auch von Zurückhaltung und Bescheidenheit gekennzeichnet.

Aber diese Bescheidenheit unserer Eidgenössischen Technischen Hochschulen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung unseres Landes geleistet haben. Dessen muss man sich immer bewusst sein, wenn man die Institutionen des ETH-Bereiches bewertet.

Weiter zum Thema Bescheidenheit: In ihren Aktivitäten ist die ETH nie allein gestanden. Sie hat sich vernetzt. Einerseits mit ihresgleichen – den besten Hochschulen weltweit – also Imperial College, MIT, Shanghai Jiao Tong University und vielen weiteren Universitäten. Andererseits hat sie immer die Zusammenarbeiten mit anderen schweizerischen Institutionen gesucht und gepflegt. Wer die Liste der Kooperationen der ETH Zürich anschaut, sieht, dass sie nachhaltige Kontakte zu hunderten schweizerischer KMUs, zu allen schweizerischen Hochschulen sowie zu Forschungsanstalten im ganzen Lande pflegt.

Es gelingt ihr so als Wissenspol schweizweit präsent zu sein. Dem Beziehungsnetz der ETH Zürich entnimmt man, dass Exzellenz nicht nur in den Top-Universitäten, wie ihrer Schwester in Lausanne, ihrer Cousine, der Universität Zürich oder ihrer Nachbarin, der Universität Basel, zu finden ist.

Die ETH unterhält auch einen Nationalen Forschungsschwerpunkt - die sogenannten NCCR - mit Bern und pflegt Partnerschaften etwa in der Biologie, der Geologie in Neuenburg oder in der Mikrotechnik mit dem „Centre Suisse d'Electronique et de Microtechnique“ (CSEM) mit seinem Headquarter in Neuenburg und seinen Ablegern in Zürich, Basel, Alpnach und Lanquart.

Ich habe mir sagen lassen, dass Neuenburg eine der besten Universitäten in Bezug auf Hydrologie und Biologie sei, quasi Spitzenreiter der Liga. Leider gilt dasselbe derzeit nicht für den FC Neuchâtel Xamax. Zürich – zumindest der FCZ – ist im Moment deutlich besser platziert.

Meine Damen und Herren

Das Sprichwort sagt, dass die Bescheidenheit eine Zierde ist. Im Fall der ETH, seinen Professoren, Studenten und Forschenden ist die Bescheidenheit ein zusätzlicher Beweis für die Stärke, die Kompetenz und das Engagement zugunsten der Schweiz.

„Der Jünger der Weisheit muss ein grosses und mutiges Herz haben, denn die Bürde ist schwer und die Reise lang“, wie Confuzius sagt. Die ETH beweist mit ihrer Bescheidenheit und ihrem Engagement, dass sie ein grosses und mutiges Herz hat.

Lassen Sie mich darum zum zweiten, von Confuzius erwähnten Wert, dem Mut übergehen.

Der Mut äussert sich an der ETH, wenn die Forschenden immer wieder weit ausgreifen und selber das Neue suchen. Präsident Kennedy hat im Jahr 1961 (ich war damals 1 Jahr alt) den Auftrag erteilt, einen Amerikaner zum Mond zu fliegen.

25 Milliarden Dollars an geleisteten Entwicklungsausgaben –  und damals war ein Dollar mehr als vier Franken wert – und 8 Jahre später hatten 400'000 Menschen in 20'000 Firmen das Unmögliche möglich gemacht: Armstrong als erster und Aldrin als zweiter Mensch setzten ihre Füsse auf den Mond.

Sie zeigten damit, welch grosse Tragweite ein Schritt haben kann, wenn er im Namen der Menschheit erfolgt.

Der Bundesrat ist ambitiös, verfolgt aber keine Mondmission. Persönlich glaube ich jedenfalls nicht, den Mond anzusteuern, wenn ich den Vorschlag mache, die Sozialwerke zu stabilisieren und langfristig zu sichern. Und ich glaube auch nicht, das Unmögliche zu erreichen – oder wie man auf Französisch sagt, „décrocher la lune“ – wenn wir das Ziel formulieren, das Gesundheitssystem effizienter zu gestalten, dessen Qualität zu steigern und damit die Kosten zu dämpfen.

Dies, obwohl es ab und zu einfacher erscheint, auf den Mond zu gelangen, wenn auch nicht technisch, aber doch politisch…

Auch ohne auf den Mond zu wollen, muss sich die Schweiz anstrengen. Sie braucht wissenschaftliche und technologische Leistungen. Das ist es, was wir mit Hilfe unserer Teilnahme an den europäischen Forschungsprogrammen, mit dem Nationalfonds oder mit der KTI erreichen wollen.

Innovationen erblicken an der ETH das Licht der Welt;
geweckt von der Beharrlichkeit und dem Mut der hier Forschenden. Innovationen, die pro Jahr in rund 80 von der ETH gemeldete Patente münden. Das sind Belege für mutiges Denken in dieser Institution.

Weil die ETH Zürich heute wichtige ausländische Gäste bei sich weiss, will ich auch an einen anderen Mut appellieren: An den Mut, Brücken zwischen Ländern zu schlagen.

Der Schaffhauser ETH-Ingenieur Othmar Ammann hat fast alle Brücken von New York gebaut. Unter anderem die atemberaubende George-Washington und Verrazano Bridges (wahrlich keine boring projects!). Und er hat auch geholfen, die Golden Gate Bridge zu bauen… Die Schweizerische Wissenschaftler und Ingenieure wissen also genau, wie man Brücken in, aber auch Brücken zwischen Ländern baut!

Die nationale und internationale Vernetzung der ETH Zürich ist, ich habe es erwähnt, beeindruckend. Es geht darum, diese Vernetzung mit noch mehr Leben zu füllen. Als Leading House China hat die ETH Zürich ein Mandat des Bundes, die wissenschaftliche Partnerschaft mit dem Reich der Mitte zu fördern und gemeinsam mit der renommierten Chinese Academy of Sciences, das Sino Swiss Science and Technology Cooperation Programm durchzuführen.

Wir planen nächstes Jahr mit einer wissenschaftlichen Delegation – unter Beteiligung der ETH – nach Peking und Schanghai zu reisen, um die Kontakte dort zu Pflegen. Während in der Schweiz Ostern gefeiert werden wird, werden wir mit den Chinesen das 100jährige Jubiläum der Universität Tsinghua in Peking feiern.

Meine Damen und Herren,

Wieso sind diese internationalen Kontakte heute so wichtig? Es ist eine Tatsache, dass neue Partner auf der internationalen Bühne auftauchen, sei es in wirtschaftlicher, politischer, aber auch wissenschaftlicher Hinsicht. Und diese Entwicklung wird weiter gehen, mit aller Kraft und mit dem Optimismus der Jugend.

Während Europa im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise eine Billiarde Euro an Wirtschaftskraft verloren hat, haben Asien und die Schwellenländer Fortschritte gemacht. Das heisst, das Länder wie China, Indien, Brasilien und andere Staaten aufholen. Das ist eine Tatsache und das ist beeindruckend.

Die Schweiz hat China und Indien als eines der ersten Länder diplomatisch anerkannt in den 1950er Jahren. Heute geht es darum, die aufstrebenden Länder als Partner anzuerkennen, mit denen wir jetzt und in Zukunft Brücken schlagen können im Bereich der Wissenschaftsdiplomatie.

Es geht also darum, einen Schritt weiter zu gehen. Zum einen sollen wir unsere hervorragenden Beziehungen zu unseren traditionellen Partnern, wie namentlich die USA und Deutschland, weiter pflegen und vertiefen. Zum anderen müssen wir aber auch neue Akzente setzen.

Die Schweizer Firmen sind heute bereits in beeindruckender Weise global vernetzt. Nun müssen unsere Hochschulen, die mit westlichen Ländern bereits sehr viele und fruchtbare Kontakte haben, auf globaler Ebene nachziehen. Über 12% der globalen Forschungs- und Entwicklungsgelder werden dieses Jahr in China ausgegeben (141 Milliarden Dollars), gleich viel wie in Japan (142 Milliarden Dollars), halb so viel wie in Europa (269 Milliarden Dollars). Hier muss noch einiges geschehen.

Natürlich finden hervorragende Gelehrte – wie Prof Li Jinghai, der zusammen mit sechs weiteren Wissenschaftlern die Ehrendoktorwürde erhalten wird – von selber den Weg nach Zürich. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Herrn Li Jinghai herzlich dazu gratulieren.
Wir müssen weiterhin aktiv Beziehungen schaffen und wir müssen mit Ländern wie China Brücken bauen.

***
Meine Damen und Herren,
Die Schweiz ist eines der weltweit innovativsten Länder und in Europa sind wir das innovativste Land überhaupt, wie aus dem angesehenen europäischen Innovationsanzeiger hervorgeht. Die Herausforderung für uns besteht nicht darin, an die Spitze zu kommen, sondern darin, auch in zwanzig oder fünfzig Jahren noch in der Spitzengruppe vertreten zu sein. Seien Sie – seien wir alle deshalb weiterhin mutig!

Eine Studie der ETH hat vor einigen Jahren gezeigt, dass die meisten Projekte in Zusammenarbeit mit der Industrie dort angefangen haben, wo die beteiligten Personen sich schon vorher gekannt haben.

Der zwischenmenschliche Kontakt, die Gewohnheit, mit Personen und einer Institution zusammenzuarbeiten, die Vertrautheit mit einem Ort und seiner Wissenschaftskultur sind wichtige Elemente, sehr menschliche Elemente, welche die Zusammenarbeitsgewohnheiten bestimmen und die Kraft eines Netzwerkes ausmachen. 

In einer Welt, in der sich die Wissenschaft immer mehr globalisiert, in der die grossen Projekte international sein müssen, in der der Austausch zum wichtigen Trumpf wird, will der Bund die schweizerischen Hochschulen anregen, solche Netzwerke und Kontakte zu entwickeln, und ihnen dabei auch helfen. Dazu stützt er sich auf die internationale Strategie BFI, die der Bundesrat im vergangenen Juni festgelegt hat.

Er stellt den Hochschulen vor allem das swissnex-Netzwerk zur Verfügung, das demnächst 5 Standorte umfasst und bald hoffentlich noch mehr, und die 22 Wissenschaftsräte in Schweizer Botschaften. Ich glaube fest an die Kraft der Wissenschaftsdiplomatie, die ein Mittel ist, die Wissenschaft voranzubringen, die Welt voranzubringen und die Schweiz mit den Besten zu vernetzen.

Der Wille der Schweiz, im Bereich der Bildung, der Forschung und der Innovation unter den bestplatzierten Ländern der Welt zu bleiben, ist nicht nur ein Ziel für die Schweiz. Es ist auch eine Verantwortung gegenüber der Welt. Die innovativsten Länder haben die Pflicht, Lösungen für die heutigen globalen Herausforderungen – die nicht gerade klein sind – vorzuschlagen. Zahlreiche Fragen warten auf schnelle und ausführliche Antworten: der Klimawandel, die demografische Herausforderung, das gestiegene Mobilitätsbedürfnis, die Infrastrukturen, das Gesundheitswesen, die Umwelt, der Umgang mit Abfällen, die Energie, der Zugang zu Wasser. 

Die Schwellenländer stehen vor gigantischen Herausforderungen, die sie nicht alleine werden lösen können. So viele Bedrohungen für unseren Planeten, wenn es schlecht herauskommt, und so viele Chancen, wenn es richtig angegangen wird!

Die führenden Nationen im Bereich der Wissenschaft und Innovation spielen dabei natürlich eine wichtige Rolle. Sie müssen helfen, Lösungen zu finden. Die von der Fläche her kleine, aber von den Kompetenzen her grosse Schweiz wird ihren Beitrag umso besser leisten, als sie mit anderen führenden Nationen in Netzwerken zusammenarbeitet.

Ich freue mich deshalb sehr, dass die ETH Zürich zum Beispiel an der Alliance for Global Sustainability teilnimmt, zusammen mit internationalen Partnern wie dem MIT, der University of Tokyo und der Chalmers University of Technology in Göteborg.

Ja, meine Damen und Herren, so wie wir den Mut hatten, den Granit im Herzen des Gotthard zu durchbohren, so wie die Ingenieure der ETH den Mut hatten, es mit der Schwerkraft aufzunehmen, indem sie monumentale Brücken bauten, so müssen wir den Mut haben, im Alltag neue Brücken zu schlagen zwischen öffentlichem und privatem Bereich, zwischen Bildungs- und Forschungsinstitutionen und zwischen den Nationen, um die Wissenschaft und die Technik voranzubringen.

Damit solche Partnerschaften auf solider Basis funktionieren, ist ein Element wesentlich: das Vertrauen.

Und man kann hier Präsident Kennedy paraphrasieren, der in seiner berühmten Antrittsrede eine der schönsten Fragen stellte. Wir müssen uns nicht nur fragen, was die beiden ETH für uns alle tun können, sondern auch, was wir für die ETH tun können. Denn diese Schulen, die so viel für unsere Schweiz leisten, brauchen Unterstützung, um ihre ausgezeichnete Arbeit in einem nationalen und vor allem internationalen Kontext, der sich gerade neu definiert, weiterführen zu können.

Ich komme somit nun zu dem, was die ETH Zürich von der Schweiz erwarten darf als Gegenleistung für ihre hervorragende Leistung:

Erstens kann die ETH positive Rahmenbedingungen erwarten. Sie haben hier in Zürich nicht nur eine Aussicht über einen See, der in meinen Augen fast so schön ist wie der in Neuenburg (und ich kenne diesen schönen Zürichsee sehr gut, denn meine Frau Friedrun Sabine und ich besuchen hier oft einen Teil unserer Familie, der am Zürichsee wohnt).

Die ETH verfügt in der Schweiz auch über stabile Rahmenbedingungen, gute Infrastrukturen, Lebensqualität und ein sehr gutes Bildungswesen. Forschende aus der ganzen Welt schätzen die Schweiz und Zürich als attraktiven Arbeitsort. Der Bundesrat verpflichtet sich auch, die Entwicklung bei den Zahlen der europäischen Studierenden an unseren Hochschulen und vor allem an den ETH aufmerksam zu analysieren. Er beabsichtigt, diese Frage und ihren Einfluss auf die Qualität der Studien genau zu verfolgen. Und er plant, falls es nötig werden sollte, die notwendigen Massnahmen einzuleiten, auch wenn sie nicht gefallen, um die Situation zu verbessern.

Zweitens können Sie von Bundesrat und Parlament erwarten, dass in der Schweiz die weitestgehende Forschungsfreiheit sichergestellt ist. Die Freiheit ist der Sauerstoff der Forschenden, ohne sie wurde noch nie wirklich Grosses auf die Beine gestellt! Dazu braucht es zuerst einen gesetzlichen Rahmen. Diese Forschungsfreiheit braucht aber auch Akzeptanz in der Bevölkerung.

Die ETH Zürich ist bereits jetzt daran, ihre Aktivitäten den Menschen verständlich zu machen. Die Professorenschaft ist mit öffentlichen Vorlesungen bis ins Stadtzentrum und den öffentlichen Raum hinein präsent, und Veranstaltungen wie Tage der offenen Tür in den Instituten sind hervorragende Gelegenheiten, um mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen! Für solche Veranstaltungen möchte ich Ihnen gratulieren!

Drittens – ich habe es erwähnt – sorgt der Bund für eine ausreichende Finanzierung. Dabei erwähne ich die Grundfinanzierung der Universitäten. Auch wenn sich diese in den kommenden Jahren weniger stark steigern, so soll doch Stabilität die Ausgangsbasis des Wirkens der ETH sein. Die Finanzkrise hat die Welt stark durchgeschüttelt, und zahlreiche Länder, auch Nachbarn, haben zu massiven Budgetkürzungen gegriffen.
Die Schweiz ist glücklicherweise nicht in dieser Situation, dank ihrer Vorsicht. Sie will bei der Führung und Kontrolle der öffentlichen Finanzen weiterhin vorsichtig sein, aber sie will auch weiterhin ihre Beiträge an den BFI-Bereich stärker erhöhen als in anderen Bereichen. Ein bescheidenes, aber klares Zeichen. Bescheidenheit kann manchmal auch mutig sein!

Der Präsident des ETH-Rates, Fritz Schiesser, hatte ja so recht, in seiner Ansprache, die er 2008 hier gehalten hat, an die Stabilität des schweizerischen Systems der Hochschulfinanzierung als wichtiges Kriterium für die internationale Attraktivität unseres Landes im Bereich der Wissenschaft zu erinnern. Diese Vorhersehbarkeit resultiert aus einer strengen und vorsichtigen Verwaltung, die wir beibehalten müssen.  

Die ETH beschafft bereits heute sehr effizient Mittel aus anderen vom Bund mitfinanzierten Quellen, so beim Schweizerischen Nationalfonds, der KTI und den europäischen Forschungsrahmenprogrammen. Die Privatwirtschaft, die insgesamt 75% der Forschungsleistung in der Schweiz finanziert, soll aber als Partner der ETH ebenfalls eine immer wichtigere Rolle einnehmen. Einen grossen Schritt, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Idee nationaler Innovationsparks an 2 Standorten.
Hierfür legt der Entwurf für Bundesgesetz über die Förderung von Forschung und Innovation die rechtlichen Grundlagen und ich weiss, dass ein Park im Grossraum Zürich und die ETH gewaltig voneinander profitieren würden. Und davon die ganze Schweiz!

Ein weiteres starkes Anliegen ist die Finanzierung von Spitzengeräten im Umfeld der ETH, zum Beispiel im nahen Paul Scherrer Institut – eine wichtige Institution des ETH-Bereiches. Ich weiss, wie eng die ETH-Forschenden mit diesen Anlagen verbunden sind. Spitzenforschende können heute ohne Spitzengeräte keine Spitzenresultate mehr erzielen. Die Zeit ist vorbei, wo man im Patentamt zu Bern mit Griffel und Notizbuch an einem Nobelpreis herumwerkeln konnte, wie dies einst Einstein vormachte. Generell erlaubt die Arbeitsbelastung des Bundespersonals kaum mehr den Erwerb von Miliznobelpreisen!

Zurück zur Sache: Der Bundesrat muss heute und in Zukunft den Forschenden den Zugang zu neuen Anlagen sicherstellen, das ist ihm bewusst, und meine Kollegen und ich engagieren uns dafür, vernünftige Finanzierungslösungen zu finden und Prioritäten festzulegen. Mit dem X-Fel Vertrag, der uns an einem der weltbesten Freien Elektronenlaser in Hamburg beteiligt, ist derzeit ein wichtiges solches Abkommen in Parlament.

Und national ist bereits die halbe Finanzierung des der ETHZ angegliederten nationalen Rechenzentrums CSCS in Manno und Lugano gesichert. Die weitere Finanzierung sowie auch die nächste Stufe des Swissfel am PSI müssen, das ist zentral, realisiert werden können.

Viertens, und da verbürgt sich der Bund im ETH-Gesetz, muss der Bund seinen Hochschulen ihre Autonomie geben und lassen. Die Autonomie der Hochschulen, bestehend aus der oben erwähnten Freiheit der Forschung und der strategischen Ausrichtung, ist das Elixier wissenschaftlichen Erfolges!

Hier will ich das neue Hochschulförderungsgesetz, das sich in parlamentarischer Behandlung befindet, kurz ansprechen. Vorletztes Jahr hat sich Fritz Schiesser an diesem Ort besorgt dazu geäussert. Heute ist das Gesetz in parlamentarischer Beratung und wurde vom Ständerat an den Nationalrat überwiesen. Oberstes Ziel des Gesetzes ist, eine vernünftige Mischung zwischen schöpferischer Freiheit und der notwendigen Koordination zwischen den betroffenen Institutionen herzustellen.

Die schöpferische Autonomie darf nicht durch Planung erstickt werden. Der ETH-Bereich ist Teil der Koordination, ohne aber seine direkte Bundesunterstellung und damit seine Autonomie zu verlieren. Die ETH Zürich wird weiterhin, als weltweit massgebliche Universität, vom Bund direkt gefördert werden. Auch darauf dürfen Sie vertrauen.

Meine Damen und Herren,
Werte wie Bescheidenheit, Mut, Vertrauen und auch eine Portion Stolz sind notwendig, um eine Universität wie die ETH Zürich zu fördern, zu betreiben und an der Weltspitze zu halten! Diese Eigenschaften sind im Herzen jedes Einzelnen zu finden: manchmal sind sie etwas versteckt, manchmal gut sichtbar.

So ist die ETH Zürich nicht ein Diamant, der in einer Schatulle eingeschlossen ist und eifersüchtig und egoistisch gehütet wird. Sondern er ist über diese Werte, Bescheidenheit, Mut, Vertrauen, sichtbar für das Land und die Welt, er funkelt für jeden Menschen in unserem Land und darüber hinaus!

Im Namen des schweizerischen Bundesrates möchte ich Ihnen anlässlich dieser akademischen Feier herzlich gratulieren und ich wünsche der ETH Zürich, dass sie noch lange eine dynamische, eigenwillige und innovative Schule und Forschungszentrum bleibt, ein Diamant, der die Schweiz am Firmament der Welt zum Funkeln bringt, so wie sie selbst den Monte Rosa auf dem Gipfel der Schweiz zum Funkeln brachte.

Die neue SAC-Hütte, die gleichzeitig ein architektonisches Juwel und ein technologisches Schmuckstück ist, ein strahlender Diamant an der Granitkrone der Schweiz!

Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen ETH-Tag und danke für die Aufmerksamkeit.


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Letzte Änderung 30.01.2024

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