Einweihung des Schweizer Freie-Elektronen-Röntgenlaser SwissFel

Bern, 05.12.2016 - Rede von Bundespräsident Johann N. Schneider-Ammann

Sehr geehrte Damen und Herren

Ich danke Ihnen für die Einladung zur Einweihung des Röntgenlasers SwissFel. Gemeinhin ist man geneigt, an einen Tunnel zu denken. Wir Schweizerinnen und Schweizer sind von Tunnels ja regelrecht fasziniert. Tunnels sind für uns keine „Schwarzen Löcher“ und auch keine Wege in die Terra incognita. Tunnels sind für uns Symbole für direkte Wege und Offenheit. Sie stehen für Verbindungen und Chancen.

2016 erleben wir in der Schweiz ein Tunneljahr der Superlative. Den ersten Tunnel weihten wir diesen Frühsommer in den Alpen ein. Die zweite Einweihung erleben wir nun heute hier im Würenlinger Unterwald. Beide Tunnels gelten als technische Meisterleistungen. In beiden Tunnels steckt Schweizer Know-how und mit beiden Tunnels beschreiten wir Neuland.

Der Gotthard-Basistunnel ist zwar bedeutend länger als der SwissFel: 57 Kilometer zu 740 Metern. Aber Sie punkten klar bei der rekordverdächtigen Bauzeit und den weitaus tieferen Kosten. Von einem Vergleich der Geschwindigkeiten in den Tunnels will ich schon gar nicht sprechen. SwissFel und der Gotthard-Basistunnel sind klare Beweise dafür, dass wir in der Schweiz grossen Wert auf ausgezeichnete Infrastrukturen legen.

Infrastrukturen sind unsere Lebensnerven. Nebst vielen anderen Gründen wie Bildung, Forschung und Fachkräfte sind Infrastrukturen mit ein Grund dafür, dass wir in Innovationsrankings regelmässig Spitzenplätze belegen. Ich freue mich deshalb, heute der Einweihung einer weiteren bedeutenden Infrastrukturanlage unseres Landes beiwohnen zu dürfen. Bei der Einweihung des Gotthard-Basistunnels titelte die Aargauer Zeitung „Die geheime Gotthard-Botschaft unserer Bundesräte an Europa“.

Um Gerüchten den Wind aus den Segeln zu nehmen: Selbstverständlich ist auch der SwissFel ein Tunnel, der uns mit Europa verbindet. Und selbstverständlich wollen wir auch mit dem SwissFel unseren europäischen Partnern zeigen, dass wir international mitreden können und uns austauschen wollen.

Die Realisierung und der Betrieb von SwissFel sind geradezu typisch für die Förderung von Forschung und Innovation in unserem Land:

  • Erstens braucht exzellente Forschung exzellente Grundlagen. Bund und Kantone sorgen für eine solide und langfristige Finanzierung der Grundlagenforschung. Zeugnis davon ist beispielsweise das Paul Scherrer Institut: Vor knapp 30 gegründet [1988], ist es über die Jahre gewachsen und hat seine Forschungsschwerpunkte kontinuierlich weiterentwickelt.  Heute ist das PSI das grösste Forschungsinstitut für Natur- und Ingenieurwissenschaften in der Schweiz und ein Forschungsstandort der internationalen Extraklasse. Wichtig erscheint mir aber auch, dass das PSI sehr aktiv in der Ausbildung im akademischen Bereich wie auch in der Berufsbildung ist. Beachtenswert finde ich zudem das grosse Engagement im Bereich Öffentlichkeitsarbeit für Jung und Alt. Denn hinter Maschinen und Apparaturen stehen immer Köpfe. Oder getreu dem Motto des Kantons Aargau „Menschen machen Zukunft“.
  • Zweitens geniessen unsere Hochschulen und Forschungsinstitutionen eine hohe Autonomie und entsprechend eine Offenheit der Themen. Sie am PSI haben – aufbauend auf den Erfahrungen mit früheren Grossforschungsanlagen und aus Erkenntnissen aus nationalen und internationalen Forschungskooperationen – den SwissFel entwickelt. Sie am PSI stellen den SwissFel den Forschenden zur Verfügung, damit diese nach ihren Interessen forschen können. Sie im ETH-Bereich setzen die Schwerpunkte und verwenden das Globalbudget entsprechend ihren Bedürfnissen. Das Resultat dieses gegenseitigen Vertrauens lässt sich sehen: Der ETH-Bereich ist heute weltweit ein Flaggschiff.
  • Dritter Punkt ist die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Erkenntnisse aus der Forschung fliessen in neue, innovative Produkte und Dienstleistungen. Dass diese Kooperation hervorragend funktioniert, zeigt sich darin, dass das PSI ein Benutzerlabor für Externe anbietet, dass aus dem PSI immer wieder Spin-Offs entstehen und dass sich im Umfeld des PSI zahlreiche High-Tech-Firmen angesiedelt haben. Als Berner könnte man geradezu neidisch auf den Aargau werden. Die äusserst fruchtbare Symbiose von Wissenschaft und Wirtschaft erkennt man auch darin, dass Sie mit dem Park Innovaare Teil des Schweizerischen Innovationsparks sind.
  • Vierter Punkt ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit. Der SwissFel stünde nicht hier ohne die gute Zusammenarbeit zwischen dem Bund, dem ETH-Rat, dem PSI, dem Kanton Aargau und den Standortgemeinden Villigen und Würenlingen. Ich danke an dieser Stelle insbesondere dem Kanton Aargau für seine finanzielle Beteiligung an der SwissFel. Das ist gut investiertes Geld aus dem Lotteriefonds!
     

Zusammenarbeit verstehen wir aber auch über die Landesgrenze hinweg. Fast 80 Prozent der Forschungspartnerschaften, die durch Forschende an Schweizer Hochschulen eingegangen wurden, sind international. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Schweiz zahlreichen Forschungsorganisationen beigetreten. Davon profitiert auch das PSI, beziehungsweise das PSI beteiligt sich aktiv an der internationalen Zusammenarbeit. In der Hamburger Anlage European XFEL steckt unter anderem PSI Know-how und umgekehrt finden sich Erfahrungen von der Nordsee hier an der Aare.

Vielleicht könnte man beim SwissFel noch einen fünften, typisch schweizerischen Punkt ausmachen: ein gewisses Understatement. Gut ersteckt im Wald, beobachtet von Hasen, Rehen und Wildbienen, verbirgt sich eine Anlage, die uns Menschen zu bahnbrechenden Erkenntnissen verhelfen kann. Ich denke an neue Methoden und Medikamente in der Medizin, an neue Materialien oder neue Erkenntnisse im Umwelt- und Energiebereich.

In unserem Land sind wir uns der Bedeutung von Bildung, Forschung und Innovation sehr wohl bewusst. Sie sind wichtige Voraussetzungen, um im weltweiten Wettbewerb vorne dabei zu sein und damit Schlüssel für Jobs und Wohlstand. Wir tun deshalb gut dran, heute und auch morgen weiter in die Grundlagenforschung zu investieren. Die Mittel für die nächsten vier Jahre sind vom Parlament bereits beschlossen worden: 2017-2020 investiert der Bund 26 Milliarden Franken in Bildung, Forschung und Innovation.

Auf den ETH-Bereich entfallen in diesem Vierjahres-Zeitraum über 10 Milliarden Franken. Ein Blick in die BFI-Botschaft zeigt, dass in den nächsten Jahren weitere grosse Investitionen in die Grundlagenforschung anstehen. Im ETH-Bereich sind dies beispielsweise die Investitionen im Nationalen Hochleistungsrechenzentrum der ETH Zürich, das Blue Brain Project der ETH Lausanne, der Aufbau der zweiten Strahllinie ATHOS hier bei Ihnen am PSI und das Upgrade des CMS-Detektors am CERN unter der Leitung der ETH Zürich.

Schliesslich muss man kein Prophet sein: Die internationale Vernetzung nimmt in den nächsten Jahren weiter zu. In der nun laufenden Wintersession wird es sich zeigen, in welcher Form wir ab 2017 an Horizon 2020 dabei sein werden. Wir nutzten die Gelegenheit, auf unterschiedlichsten Ebenen die Interessen der Schweiz einzubringen. Ziel für den Bundesrat ist nach wie vor, dass wir ab 2017 wieder an allen Teilen von Horizon 2020 als assoziierter Staat partizipieren können.

Das ist für uns von grundlegender Bedeutung. Der 740 Meter lange SwissFel zeichnet sich durch eine unglaublich kurze Belichtungszeit aus – 10 Femtosekunden. In Bern ist die Bundesgasse nur etwa 400 Meter lang. Es wäre ab und zu schön, wenn politische Geschäfte mit ähnlichen Geschwindigkeiten wie in der SwissFel unterwegs wären. Sehr geehrte Damen und Herren, ich komme damit zum Schluss und nutze nochmals die Gelegenheit, allen zu danken, die zum Gelingen dieser neuen Visitenkarte des Forschungsplatzes Schweiz beigetragen haben.

Mit dem SwissFel beweisen das PSI und der ETH-Bereich einmal mehr, dass sie weltweit führend sind in der Spitzenforschung. Der Röntgenlaser SwissFel ist aber auch ein hervorragendes Beispiel dafür, dass die Leistungen des PSI und des gesamten ETH-Bereichs der Wirtschaft und Gesellschaft zu Gute kommen.

Ich wünsche Ihnen viele interessante Erfahrungen mit dem SwissFel.


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